Wie war das Radfahren in der DDR?

Die Fahrrad-Erfahrung in der DDR ist wohl zweigeteilt: Einerseits wurde Sport insgesamt sehr gefördert. Deshalb gab es auch nach der Wende einige Fahrer*innen, die gerade im Rennradsport ziemlich gut waren (Jan Ullrich, Olaf Ludwig, Uwe Ampler etc…). Die Rennradbegeisterung war mit Rennen wie der Friedensfahrt in der DDR sehr groß.

Das wirkt sich bis heute aus. Man hat in den ostdeutschen Bundesländern immer noch eine gute Sport-Infrastruktur und in Teilen auch eine große Radrennsport-Begeisterung. Auch im Bahnradsport war die DDR vorne. Diese Begeisterung gibt dagegen nicht in allen Orten im Westen der Republik. Ausnahmen wie die Region um Freiburg oder Rheinland-Pfalz bestätigen hier eher die Regel.

Man kann sagen: So viel es also Negatives über die DDR gab, diese Sport- und Radbegeisterung können wir gerne weiter übernehmen und ausbauen.

Andererseits muss man auch sagen: So sehr der Radsport gefördert wurde, das Fahrrad als Alltagsgerät gab es zwar, stand aber nicht wirklich im Fokus. Auch ein Wort wie Vekehrswende kannte man noch nicht. Die Autofixierung gab es auch in der DDR, wobei es eben nicht so viele Autos pro Kopf gab. Gute Radwege waren also auch Mangelware, wobei man sagen muss, dass es in der BRD mit der Radverkehrsförderung auch erst in den 80ern und 90ern ganz vorsichtig anfing.

Eine kleine Fahrradindustrie gab es auch. Diamant hat sogar bis heute überlebt!

Radsport in der ehemaligen DDR (bis heute)

Wie gesagt, war die Radsportbegeisterung in der DDR groß. Nicht von ungefähr kommt der bis heute einzige deutsche Tour-de-France-Sieger aus den neuen Bundesländern. Jan Ullrich wurde in Rostock in Mecklenburg-Vorpommern geboren und hat dort auch seine ersten Schritte in Richtung Radsport getan.

Das Radsportereignis in der DDR war allerdings die Friedensfahrt. Die Tour fand aber nicht nur auf dem Gebiet der DDR statt, sondern auch in Tschechien und Polen. Viele erfolgreiche Fahrer aus dem Ostblock konnten sich hier beweisen und die Begeisterung an der Strecke war ungebrochen. Genannt sei hier der Usbeke Dschamolidin Abduschaparow, der damals noch für die Sowjetunion antrat und sich im Sprint mit Olaf Ludwig duellierte.

Die Friedensfahrt hat übrigens die Wende überlebt, wurde dann aber 2004 bis 2006 endgültig eingestellt. Ob sie je nochmals geben wird, steht in den Sternen, die Rechte liegen wohl beim tschechischen Verband.

Es ist ja bekannt, dass die DDR viel in die Sportförderung der Jugend investierte und vor allem im Spitzensport vorne dabei sein wollte. Auch Dopingmittel, die wohl dort nicht so genannt wurden, waren kein Tabu. Der Radsport spielte dabei eine herausragende Rolle. Das positive allerdings ist, dass diese Radsportbegeisterung die Wende teilweise überlebt hat und auch heute noch eine Rolle spielt. Im Bahnradsport sind Fahrerinnen und Emma Hinze sehr erfolgreich. Sie wohnt in Cottbus und trainiert dort intensiv.

Das Fahrrad als Alltagsrad in der DDR

Weniger gut sieht es mit dem Alltagsrad in der DDR aus. Wie dieser Artikel in der Leipziger Volkszeitung feststellt, galt das Fahrrad als „nicht zukunftsfähig“. Von der Staatsführung war hier wenig zu erwarten.

Aus der Umweltbewegung heraus gab es aber in den 80er Jahren Initiativen. Der damalige Aktivist und spätere ADFC-Vorsitzende in Leipzig, Ulrich Patzer, erinnert sich:

„Eines unserer ersten Anliegen war, dass den Leipzigern offiziell gestattet wird, mit dem Fahrrad durch die Parks der Stadt zu fahren.“

Immerhin gab es dann Erfolge: „Wir wollten, dass das durch entsprechende Schilder an den Parks deutlich gemacht wird – und haben das auch erreicht.“ (Quelle: Leipziger Volkszeitung, 30.08.2019).

Allerdings hatten die Verkehrsplaner eher die Idee, den Radverkehr komplett zu verbieten und dafür zu sorgen, dass der wenige Platz fürs Auto vorgehalten wird.

Das Fahrrad wurde also auch in der DDR aus dem Verkehrsraum immer mehr verbannt. Das war ähnlich wie in der BRD. Die Motorisierung fand seit den 60er Jahren auch in der DDR vor allem für den PKW statt.

Allerdings war der Motorisierungsgrad in der DDR nicht so hoch wie in der BRD, so dass hier auch noch ein Freiraum gelassen wurde. In vielen Städten und Orten der ehemaligen DDR gab es noch Straßenbahnen, die teilweise bis heute funktionieren.

Übrigens: Den Elberadweg gibt es auch erst seit der Wende. 1993 wurde beispielsweise begonnen, ihn in Sachsen zu markieren. Inzwischen war er über Jahre der beliebteste deutsche Radweg, er wurde kurzzeitig vom Weserradweg abgelöst. Man kann aber feststellen, dass der Elberadweg eben der Radweg ist, der die beiden Deutschlands miteinander verbindet und ein erfreuliches Ergebnis der Wende ist.

Fahrrad von oben - Aussichtsturm Lenzen
Der Elberadweg von einem ehemaligen Grenzturm aus gesehen.

Radhersteller in der DDR

Den Trabi kennt jeder, aber gab es auch spezielle DDR-Fahrradhersteller? Einen gibt es bis heute, er wurde natürlich in den 90ern privatisiert. Es ist Diamant. Bis heute stellen sie Fahrräder her und es gibt natürlich auch inzwischen Diamant-E-Bikes.

Laut DDR-Fahrradwiki reduzierte sich „Nach 1948 (…) die Zahl der Fahrradhersteller in der SBZ/DDR stetig. Als Hauptproduzenten blieben nach 1962 die großen Hersteller Diamant und Mifa.“

Mifa gibt es nicht mehr, Diamant überlebte. Aber wer eben alte DDR-Räder bekommt, ist teilweise noch von der Qualität sehr überzeugt.