Gibt es kostenlose oder günstige Übernachtung für Radfahrerende bzw. Radreisende?

Gerade in Zeiten des Überflusses bieten Radreisen ein minimalistisches touristisches Erlebnis. Um Übernachtungen kommt man dabei nicht herum. Neben der Möglichkeit in Hotels oder Pensionen zu übernachten, stellt sich die Frage, ob es kostenlose oder zumindest kostengünstige Möglichkeiten für Radreisende gibt.

Hier habe ich ein paar Möglichkeiten aufgelistet:

1. Zelten in der Natur (Obacht! Naturschutzgebiet!) möglich?

Die erste Möglichkeit, an die man denkt, wenn man kostenlos auf Radreisen übernachten möchte, ist das Zelten. Jenseits der Campingplätze in der Natur zu übernachten, hat auch etwas Abenteuerliches.

Doch hier ist, jedenfalls in Deutschland, Obacht geboten. Denn wenn man in Naturschutzgebieten übernachtet, kann es sogar sehr, sehr teuer werden! Das kann sogar in manchen Gebieten um die 10.000 € kosten, wenn man gegen entsprechende Auflagen verstößt.

Auch im Wald ist es in der Regel verboten zu zelten. Nur in der freien Natur, außerhalb des Waldes, ist das Zelten erlaubt. Allerdings gilt das auch dann nicht, wenn man sich auf privatem Gebiet befindet, was aber auch schwierig herauszufinden ist. In einigen Bundesländern darf man in der freien Natur außerhalb von Wäldern zelten, in anderen wie im Saarland ist es komplett verboten.

Man muss also sehr ins Detail gehen, so dass sich das Zelten auch in der freien Natur nicht empfiehlt.

Naturlagerplätze

Eine gute Alternative sind Naturlagerplätze oder Trekkingplätze, die meiste nur mit dem Rad oder zu Fuß erreichbar sind.

Diese gibt es in ausgewählten Regionen wie dem Schwarzwald oder in Schleswig-Holstein. Auch in Bayern gibt es in manchen Gegenden Möglichkeiten. Allerdings können diese eben wiederum eine kleine Gebühr kosten.

Eine gute Übersicht gibt es auf der Seite Ausgebüxt!

Ganz anders ist das in Ländern wie in Schweden und Norwegen, wo es das sogenannte Jedermannsrecht gibt. Dort kann man, wenn man sich fair verhält und die Natur mit Respekt behandelt, an vielen Stellen wild campen. Nur private Grundstücke sind von dem Jedermannsrecht ausgenommen.

Interessant finde ich auch: Beim Thema übernachten in der Natur sollte man nicht nur auf die rechtlichen Bedingungen achten, sondern auch mit Vernunft handeln. Jede*r will eine intakte Natur und kann dazu beitragen. Wenn man irgendwo übernachtet, stört man im Zweifel auch außerhalb von Naturschutzgebieten Tiere und schränkt deren Lebensraum ein. Im Podcast mit Johanna Jahnke spricht Kathrin Heckmann (Fräulein Draussen) über das Thema. Hört rein!

„Leave no trace“ heißt das Motto in der Natur – Hinterlasse keine Spuren!

2. Anbieter wie NITE TENT oder Campspaces für private Zeltplätze

Wer dennoch zelten möchte, aber möglichst kein Risiko eingehen will, der kann solche Anbieter wie NITE TENT (zu Deutsch: Nachtzelt) nutzen. Die Webseite findet man unter: 1nitetent.com. Wesentliches Element ist eine sehr große Karte.

Auf dieser Webseite findet man Angebote von privaten Nutzern, die es erlauben, dass man auf ihrem Grundstück nächtigt. Meist funktioniert das so, dass man auf den Grundstücken, in Gärten und auf Wiesen, ein Zelt aufstellen darf.

Als Anbieter muss man sich einfach anmelden, ein paar Kriterien angeben, und kann so seine Fläche zur Verfügung stellen. Wenn man Radler ist (oder auch Wanderer, Rucksacktourist) kann man dort nächtigen, indem man sich im Vorfeld bei den Anbietern von Flächen meldet.

Das ist eine einfache Möglichkeit, um kostenlos als Radler übernachten. Ein Zelt benötigt man natürlich so als Bikepacker.

Alternativ zu NITE TENT gibt es auch noch Campspaces.

3. Couchsurfing

Der Klassiker fürs kostenlose Übernachten ist Couchsurfing. Inzwischen zahlt man dort auch eine geringe jährliche Gebühr. Das Übernachten selbst aber ist kostenlos – so ist die Idee!

Man bietet seinen eigenen Platz fürs Übernachten an und der Gast kann vorbeikommen und es ist etwas gewünscht, dass er sich im Haushalt etwas einbringt.

In Leucate in Frankreich am Mittelmeer mit Palme und Fahrrad.
2016 war ich mit dem Rad fast nur via Couchsurfing und Warmshowers unterwegs. Teils in Urlaubsgebieten am Mittelmeer.

Als Radfahrer habe ich das 2016 auf einer Tour durch Europa ausgiebig genutzt.

4. Warmshowers

Was so ähnlich ist wie Couchsurfing, aber sich explizit an Radfahrende richtet, das ist Warmshowers. Dort geht es auch darum, dem oder der anderen einen Schlafplatz anzubieten. Gleichzeitig bietet man auch sein eigenes Zuhause an. Zwingend ist das aber nicht.

Ich selbst habe das Netzwerk 2016 in Wien verwendet und ein nettes Paar kennengelernt, bei denen ich übernachten durfte.

Die Webseite von Warmshowers findet man unter diesem Link.

5. Dachgeber (vom ADFC unterstützt)

Schon etwas älter, aber weiterhin sehr funktionsfähig ist das Netzwerk Dachgeber, das aus dem ADFC-Umfeld stammt. Um hier Mitglied zu sein, muss man auch seine eigene Wohnung Radreisenden zur Verfügung stellen. Das Netzwerk basiert, wie es selbst sagt, auf dem „Gegenseitigkeitsprinzip“.

Das private, nicht-kommerzielle Projekt entstand schon 1987, also weit vor den sozialen Netzwerken und auch vor der Erfindung des Internets. Damit hat es eine Pionierarbeit geleistet, im Zuge des kostenlosen, fairen Übernachtens bei Radreisen.

Es sind 3.600 Menschen, die ein Dach zur Verfügung stellen (Stand 2023) angemeldet und man kann den ADFC-Dachgeber auch als Printprodukt nutzen und auf die Radreise mitnehmen. Ganz old-school also!

6. WWOOF

Wer ganz langsam auf dem Rad unterwegs ist, für den ist auch ein Angebot wie WWOOF interessant. Denn man kann zu einem landwirtschaftlichen Öko-Hof mit dem Rad fahren, ist dort aber verpflichtet, den halben Tag zu arbeiten, wenn man dort wohnt.

Der Name stand eigentlich für „Working Weekends on Organic Farms“, aber inzwischen gilt das nicht nur fürs Wochenende.

Für jeden ist das sicherlich nicht etwas, da das Radfahren ja selbst körperliche Aktivität ist. Zusätzlich noch Arbeiten ist für viele nicht möglich. Wenn man aber langsam reist, kann das eine Alternative sein.